Perspektive und ihre Veränderung
von Sonja Jannichsen
"Das mit der Perspektive ist ja so schwer - ich male einfach drauf los.!
Persektive heißt beobachten
Klar kannst du einfach drauflosmalen. Das macht viel Freude und es kommen interessante Ergebnisse dabei raus. Und doch ist der Wunsch, es doch mal so zu malen, wie man es sieht, groß. Objekte stehen fest auf dem Boden und trotzdem hat man beim Zeichnen oft das Gefühl, dass diese sich hoch und runter, hin und her bewegen. Ja, wenn Du das Gefühl hast, dann bist Du ein sehr guter Beobachter. Denn nichts ist so schnell veränderbar, als die Perspektive. Nimmst Du eine andere Haltung ein, bewegst den Kopf, die Augen, gehst und kommst wieder zum Objekt und schon sieht alles anders aus.
Nichts verändert sich so schnell als die Perspektive.
Vogelperspektive

Anhand dieses Blumenkübels zeige ich dir, wie eine Änderung der Augen- bzw. Körperhaltung den Blickwinkel zum Objekt verändert. Hier stehe ich und schaue auf den Blumenkübel wie ein Vogel, der fliegt. Meine Augen gehen nach unten und der Kopf senkt sich etwas.
Horizontperspektive

Hier hocke ich, halte die Augen gerade zum Objekt und kann den Inhalt des Blumenkübels kaum erkennen.
Froschperspektive

Ich liege flach auf dem Boden und schaue nach oben. Jetzt kann ich fast den Kübelboden sehen wie ein kleiner Frosch. Erstaunlich, wie sich durch so kleine Bewegung alles verändert, nicht wahr? Wenn diese kleinen Bewegungen so viel ausmachen, wie bekomme ich denn nun meine Zeichnung perspektivisch gut hin?
Der Trick beim perspektiven Malen

Sitzen, wie eine Statue, mit einem Auge zu, den Arm weit gestreckt, mit einem Bleistift in der Hand. So ist die Position einzunehmen, um die Fixpunkte für die Perspektive zu setzen. Die Objekte, die mir am nächsten zugewandt sind, sind maßgebend für das Setzen der Hilfspunkte.
Was erreiche ich mit dieser Malmethode?
Ich schalte alle Fehlerquellen durch diese Messmethode aus:
- Die starre Haltung hindert mich am Zappeln. Der gemessene Winkel oder Abstand, Verhältnis oder Größenordnung bleibt erhalten und ich kann diese Information einfach auf mein Malblatt übertragen.
- Meine Hand und mein Auge sind auf einer Höhe. Somit schalte ich perspektivische Fehler aus.
- Mein Arm ist immer gestreckt. Ich erhalte dadurch vergleichbare Messwerte.
- Durch das einäugige Sehen verhindere ich, dass mein Hirn Linien begradigt bzw. ergänzt.
Und jetzt werden mit wenigen Strichen die markanten Winkel und Ecken auf das Blatt gezeichnet. Perspektive muss genau und mit wenigen Strichen sichtbar gemacht werden. Erst danach werden Kleinigkeiten ergänzt. Das ist der Schlüssel zum Erfolg.
Wo flüchen welche Linien hin zur Horizontlinie?
Es ist doch ganz einfach, wenn Du alles auf drei kleine magische Punkte zusammen schrumpfen lässt.
Bei normaler Sichtweise fluchten alle Linien auf die Höhe Deiner Augen zu. So bilden sich bei normalem Blick alle Fluchtpunkte auf der Höhe Deiner Augen. In Nordfriesland ist die Horizontlinie ziemlich einfach festzustellen. Hier ist alles flach. Der Strich, der Himmel und Erde trennt – das ist die Horizontlinie :) oder anders gesagt: „Er ist die Höhe Deiner Augen, somit die Augenlinie.“
Diese Linie ist fix – einmal festgelegt, bleibt er auf dem Bild, wo ich ihn als Maler festgelegt habe und geht nicht mehr weg. Er bewegt sich auch nicht hin und her. Auch, wenn Du die Augen bewegst.
Magische Perspektivpunkte

Merke Dir folgende Hilfssätze:
- Die Linien über der Horizontlinie (Augenlinie) fallen zur Horizontlinie in der Entfernung runter
- Die Linien auf der Horizontlinie (Augenlinie) bleiben gerade
- Die Linien unter der Horizontlinie (Augenlinie) steigen zur Horizontlinie in der Entfernung hoch
Manchmal sind diese Linienveränderungen nach oben oder unten nur sehr minimal und man meint, sie nicht zu erkennen. Aber sei achtsam. Halte einfach einen Bleistift auf die Linie und Du kannst anhand des Stiftes sehen, ob er gerade ist oder eben nicht.
Tipp: Wenn Du ein Auge dabei zukneifst, dann geht es noch einfacher, denn das zweite Auge begradigt in Deinem Hirn optisch die Linien!
Farbe in der Perspektive

Die Farbsetzung unterstützt die Perspektive zusätzlich. In der Regel sagt man, dass die Farben im Hintergrund in Bezug auf die übrigen Farben im Bild bläulich erscheinen, während Farben im Vordergrund frisch, klar und deutlich sein sollten. Durch das richtige Setzen der Farben erreicht man zusätzlich eine Bildtiefe.
Realitäten sind das, was ich daraus mache. Egal, wo Du stehst und schaust, Du veränderst sofort durch die Farbwahl, die Objektgrößen, das Zusammenspiel aller die Perspektive im Bild. Gefalle Dir und denke: Ich male so, weil ich es so empfinde. Sanft lasse ich los. Die vermeintliche Realität nehme ich nur noch zur Kenntnis und lasse mich durch sie inspirieren. Ich ändere diese durch meine freie Malerei, meinen Strich, meinen Eindruck. Ich bin frei, wie ein Vogel. Wenn dann noch der eine oder andere perspektivische Strich dir optisch gefällt, dann bist du auf dem richtigen Weg.
Tipp:
Schön ist es, wenn du die einfachen Grundlinien der Perspektive erlernst. Es gibt viele Wege, diese zu erklären. Die Erklärungsmodelle sind nur "Krücken" auf dem Weg hin zum richtigen Strich. Schau mal, ob dir meine Erklärungsmodelle in der ONLINE-Akademie zusagen.